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Interview

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) hat kürzlich ihre Organisationsstruktur angepasst. Der neue Geschäftsbereich Asset Management und Märkte ist unter anderem für die Bewilligung und Aufsicht von Vermögensverwaltern sowie deren Aufsichtsorganisationen zuständig.

 

Das Wort hat Léonard Bôle,
Mitglied der Geschäftsleitung,
Leiter Geschäftsbereich Asset Management und Märkte, FINMA      

 

Welche Stationen Ihrer beruflichen Laufbahn waren für Sie entscheidend, wenn Sie an Ihre neue Funktion denken?

In meiner neuen Funktion werden mir verschiedene Stationen meiner beruflichen Laufbahn von Nutzen sein. Zunächst einmal übernimmt der Geschäftsbereich Asset Management und Märkte einige Aufgaben meines früheren Geschäftsbereichs Märkte, nämlich die Aufsicht über Finanzmarktinfrastrukturen, den Fintech-Desk, die Aufsicht über die Selbstregulierungsorganisationen (SRO) im Sinne des Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung (GwG) sowie die Aufsicht über die Aufsichtsorganisationen (AO) im Sinne des Bundesgesetzes über die Finanzinstitute (FINIG). Durch den Zusammenschluss der Aufsicht über die AO einerseits und der Bewilligung sowie der intensiven Aufsicht über die Vermögensverwalter und Trustees andererseits in einem einzigen Geschäftsbereich werden spürbare Synergien geschaffen. Weiter ist die Aufsicht über die kollektiven Kapitalanlagen und Verwalter von Kollektivvermögen für mich ein bisschen wie eine Reise "zurück in die Zukunft", da ich bereits zwischen 2011 und 2014 Aufgaben in diesem Bereich innehatte. Und schliesslich habe ich in der Vergangenheit verschiedene Querschnittsaufgaben innerhalb der FINMA aufgebaut und geleitet (Geldwäschereibekämpfung, Verhaltensregeln im Sinne des Bundesgesetzes über die Finanzdienstleistungen, Fintech, Prüfwesen, ...) und daraus das Know-how gewonnen, das ich für meine neue Funktion brauche.

 

FINMA-Direktor Stefan Walter wies auf die Vorteile der neuen Struktur in Bezug auf Prävention, Wirkung, Risikomanagement und Verhältnismässigkeit hin. Inwiefern genau trägt die neue Struktur zur Stärkung der Aufsicht bei?

Mit dem neuen Querschnittsbereich "Integrierte Risikoexpertise" stärken wir die FINMA als integrierte Aufsicht, fördern die Expertise bezüglich finanziellen und nicht-finanziellen Risiken und unterstützen eine vertiefte, direkte Aufsicht, insbesondere durch mehr eigene Vor-Ort-Kontrollen. Durch die Zentralisierung der Risikofunktionen wird zudem die Expertise in neueren Themenbereichen wie künstliche Intelligenz, Sustainable Finance und Greenwashing, aber auch in bestehenden Querschnittsbereichen wie der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, dem Umgang mit Crossborder- und Suitability-Risiken sowie mit Sanktionen oder auch mit Outsourcing- und Cyberrisiken oder generell mit operationellen Risiken in einem Bereich konzentriert. Dadurch werden diese Risiken vertieft und konsistent erfasst und analysiert.

 

Sie waren bis Ende März 2025 Leiter des Geschäftsbereichs Märkte und haben sich dort besondere Kenntnisse im Bereich Mikrounternehmen angeeignet. Inwiefern ist diese Erfahrung ein Vorteil?

Ich kenne die Akteure des sogenannten "Parabankensektors" gut, seit 2009 indirekt durch die Aufsicht über die SRO und später durch die Begleitung der Einführung von AO. Bis zum Inkrafttreten des FINIG im Jahr 2020 war ich zudem für die Aufsicht der direktunterstellten Finanzintermediäre im Sinne des GwG verantwortlich, zu denen zahlreiche Vermögensverwalter und Trustees gehörten. Die Realität von Mikrounternehmen erfordert einen massvollen Ansatz, was bei der Regulierung und den Bewilligungsverfahren für Vermögensverwalter und Trustees berücksichtigt wurde. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass diese Akteure mit dem FINIG die Welt der prudenziellen Aufsicht betreten haben, mit den damit verbundenen Anforderungen.

 

Welche Prioritäten setzen Sie in den kommenden sechs Monaten?

Mit dem neuen Geschäftsbereich Asset Management und Märkte übernehme ich einen bereits gut organisierten und effizienten Geschäftsbereich. Betreffend Vermögensverwalter und Trustees konnte die FINMA 95 % der 1699 vor Ablauf der Übergangsfrist Ende 2022 eingereichten Bewilligungsgesuche abschliessen. Nun müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um die Wirksamkeit des Aufsichtssystems, das sich noch in der Anfangsphase befindet, zu gewährleisten. Das zweistufige Aufsichtsmodell sieht vor, dass die laufende Aufsicht von den AO ausgeübt wird. Bestehen bei Finanzinstituten Anzeichen für Missstände, welche die AO nicht selbst beheben kann, eskaliert sie den Fall an die FINMA, die ihrerseits mittels weitergehender Aufsichtsmassnahmen den ordnungsgemässen Zustand beim bewilligten Institut wieder herstellt. Die Anzahl der durch die AO an die FINMA zur Vorabklärung eskalierten Fälle sowie die Anzahl der Institute unter der intensiven Aufsicht der FINMA ist im zweiten Halbjahr 2024 deutlich angestiegen. Im Jahr 2024 mussten etwa 30 neue Fälle eröffnet werden. Für 2025 ist ein ähnlicher oder sogar verstärkter Trend zu erwarten. Bei einigen dieser Fälle gibt es leider schwerwiegende Missstände. Ein paar wenige solcher Fälle reichen aus, um den Ruf aller Akteure und das Vertrauen der Kunden zu gefährden. Unsere Priorität und die der AO muss es sein, diese Fälle so schnell wie möglich zu erkennen und zu regeln, damit die Kunden darauf vertrauen können, dass die Vermögenswerte, die sie den Vermögensverwaltern und Trustees anvertrauen, sorgfältig verwaltet werden.