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Erbschaftssteuerinitiative: Einführung einer Erbschafts- & Schenkungssteuer ab Vermögen von CHF 50 mio.

Dieser Artikel gibt eine kurze Übersicht über die wesentlichen Aspekte und Fragen rund um die Erbschaftssteuerinitiative sowie ein Update nach dem Erlass der Botschaft des Bundesrates.

 

Daniel Bader
Partner, Bär & Karrer SA                                                         
Hanna Brozzo
Partner, Bär & Karrer SA                                                         
Frédéric Ney 
Senior Associate, Bär & Karrer SA                                          

 

Die JUSO hat eine eidgenössische Volksinitiative mit dem Titel "Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert" (die "Initiative") lanciert. Diese will, dass Schenkungen und Erbschaften von über CHF 50 Mio. zu 50 % besteuert werden. Es soll für jede Person ein einmaliger Freibetrag von CHF 50 Mio. auf der Summe all ihrer lebzeitigen Schenkungen und ihres Nachlasses zusammen gelten. Die Kantone wären weiterhin befugt, auch kantonale Erbschafts- und Schenkungssteuern zu erheben.

Die Einnahmen sollen der "sozial gerechten" Bekämpfung der Klimakrise und dem "dafür notwendigen Umbau der Gesamtwirtschaft" dienen. Angestrebt wird ein "Systemwechsel, weg vom Kapitalismus, hin zu klimafreundlichem Leben".

Die Initiative verlangt den Erlass von Ausführungsbestimmungen zur "Steuervermeidung", insbesondere in Bezug auf den Wegzug aus der Schweiz, der Pflicht zur Aufzeichnung von Schenkungen sowie der lückenlosen Besteuerung. Sie sieht keine Ausnahmen vor, insbesondere auch nicht für (Familien-)Unternehmen oder Vergabungen an gemeinnützige Institutionen. Wie die Initiative im Fall einer Annahme umgesetzt werden soll, beantwortet der Initiativtext nicht. Viele Fragen sind offen.

Das Datum der Abstimmung ist ebenfalls noch offen. Die Abstimmungsempfehlung des Parlaments wird im Jahr 2025 und der Urnengang frühestens im November 2025, andernfalls im Jahr 2026 erwartet.

Der Bundesrat lehnte die Initiative bereits im Mai 2024 ab und hat dies im Rahmen seiner Stellungnahme zu einer Interpellation im August 2024 bestätigt. Am 13. Dezember 2024 hat der Bundesrat die Botschaft zur Erbschaftssteuerinitiative verabschiedet und sich ausführlicher zur Initiative geäussert. Er beantragt den eidgenössischen Räten, Volk und Ständen die Initiative ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Botschaft sind:

  • Aus Sicht des Bundesrats erfüllt die Initiative die verfassungsrechtlichen Vorgaben und ist trotz der staatspolitisch bedenklichen Vorwirkung gültig.
     
  • Gemäss dem Bundesrat würde die Initiative für alle nach einer allfälligen Annahme ausgerichtete Erbschaften und Schenkungen gelten. Auch die erst später erlassenen Ausführungsbestimmungen wären aufgrund des diesbezüglichen expliziten Wortlauts der Initiative auf nach der allfälligen Annahme ausgerichtete Erbschaften und Schenkungen rückwirkend anwendbar.
     
  • Die in den Übergangsbestimmungen vorgesehenen Ausführungsbestimmungen zur Steuervermeidung sowie zur Verwendung des Rohertrags der Einnahmen könnten mangels Regelung zur Rückwirkung im Initiativtext nach Ansicht des Bundesrates hingegen erst nach deren Erlass angewendet werden. Damit würde im Fall einer Annahme namentlich ein Wegzug ins Ausland nach dem Abstimmungsdatum ohne Steuerfolgen möglich bleiben.
     
  • Der Bundesrat hält fest, dass Massnahmen zur Steuervermeidung sich an die bestehenden verfassungsmässigen Vorgaben halten müssen. Ein Wegzug einer Person ins Ausland dürfe nicht ohne Weiteres als Steuervermeidung qualifiziert und mit Steuerfolgen sanktioniert werden. Für die Annahme einer Steuervermeidung brauche es neben dem Wegzug zusätzlich eine auf Steuervermeidung gerichtete Handlung, wie z.B. eine zeitnahe Schenkung.
     
  • Der Bundesrat bestätigt seine bereits im August geäusserte ablehnende Haltung gegenüber einer Wegzugssteuer. Eine denkbare Massnahme gegen die Steuervermeidung wäre nach Ansicht des Bundesrates eine zeitlich befristete Nichtanerkennung des Wegzugs, indem ein fortbestehender Wohnsitz für Bundeserbschafts- und Schenkungssteuerzwecke in der Schweiz z.B. für fünf Jahre nach einem Wegzug ins Ausland fingiert würde. Der Bundesrat verweist aber auf die mangelnde internationale Durchsetzbarkeit.
     
  • Hinsichtlich der Umsetzung einer lückenlosen Besteuerung hält der Bundesrat fest, dass eine Aufzeichnungspflicht für Privatpersonen unumgänglich wäre, diese aber einer De-Minimis-Regelung zu unterstellen wäre. Die Aufzeichnung von beispielsweise Gelegenheitsgeschenken wäre unverhältnismässig und unzumutbar.
     

Die Äusserungen des Bundesrates in der Botschaft sind wichtig. Sie dürften die Ausarbeitung der Ausführungsbestimmungen im Fall einer Annahme der Initiative beeinflussen. Letztlich ist es aber der Gesetzgeber, der im Fall einer Annahme der Initiative die Ausführungsbestimmungen erlassen wird und dieser ist nicht an die Botschaft des Bundesrates gebunden.

Im Zusammenhang mit der Initiative sind vorgängige Planungsmassnahmen für potenziell Betroffene bis zum allfälligen Inkrafttreten am Abstimmungstag möglich, da die Initiative keine Rückwirkung vor das Abstimmungsdatum entfalten würde. Nach einer allfälligen Annahme der Initiative wären die Planungsmöglichkeiten beschränkt.

Mögliche Planungsmöglichkeiten umfassen insbesondere (i) die Übertragung von Vermögen auf die nächste Generation (Erbvorbezug mit oder ohne Nutzniessung), (ii) Ausnützung güterrechtlicher Dispositionen (Ehevertrag) zur optimalen Ausnutzung des Freibetrags durch beide Ehegatten, (iii) Vornahme von geplanten Schenkungen und Vergabungen vor dem Abstimmungsdatum sowie (iv) die Übertragung von Vermögenswerten auf rechtlich und steuerlich selbstständige Strukturen.

Ein Wegzug ins Ausland als radikalste Massnahme wäre hingegen nach heutigem Kenntnisstand auch nach einer allfälligen Annahme der Initiative mindestens bis zum Inkrafttreten der Übergangs- bzw. Ausführungsbestimmungen ohne Steuerfolgen möglich.

Die unklare Situation und die offene Ausgestaltung der Initiative schaffen grosse Unsicherheit. Wegzüge und Vermögensverschiebungen ins Ausland wurden mindestens geprüft. Seit der wichtigen Stellungnahme des Bundesrates im August 2024, bekräftigt und präzisiert durch die Botschaft im Dezember 2024 scheinen die potenziell Betroffenen etwas beruhigt zu sein und die weiteren Entwicklungen abzuwarten. Statistisch gesehen ist die Chance einer Annahme der Erbschaftssteuerinitiative gering. Letztlich wird das politische und soziale Klima im Zeitpunkt der Abstimmung mitentscheidend sein. Im langjährigen Schnitt hat sich das Schweizer Stimmvolk für nachhaltige und konstruktive Lösungen ausgesprochen, wovon auch hier auszugehen ist.

 

 

Biografien

Daniel Bader ist Partner bei Bär & Karrer, Co-Leiter der Steuerabteilung und des Büros in St. Moritz. Er berät schweizerische und internationale Klienten in Steuerrecht und -planung, Vermögens-, Nachfolge- und Nachlassplanung, Trusts und Vermögensstrukturierung. Er publiziert regelmässig in seinen Fachgebieten und ist Vorstandsmitglied von Family Offices sowie Mitglied des Supervisory Boards der IFA und Fellow des ACTEC.

Hanna Brozzo ist Partnerin bei Bär & Karrer und in sämtlichen Bereichen des Steuerrechts für schweizerische und internationale Privatkunden beratend und prozessierend tätig. Ihre steuerliche Expertise umfasst auch Immobilien, Sportler, Ansässigkeitsfragen und gemeinnützige Institutionen. Sie publiziert und referiert regelmässig in ihren Tätigkeitsbereichen.  

Frédéric Ney ist Senior Associate bei Bär & Karrer. Er ist als Rechtsanwalt in der Schweiz und im Bundesstaat New York zugelassen, dipl. Steuerexperte (STEX) und Registered Trust and Estate Practitioner (TEP). Er besitzt einen LL.M. in US-Steuerrecht von der Georgetown University Law Center. Sein Schwerpunkt liegt auf Steuerrecht und Nachlassplanung für schweizerische und internationale Privatkunden.