Neues Gleichgewicht zwischen Vorschriften, digitalen Tools und Markt

Auch die Branche der externen Vermögensverwalter ist keine Ausnahme, wenn es um die grossen Veränderungen geht, die in den letzten Jahrzehnten im Bankensektor stattgefunden haben. Während die regulatorischen Neuerungen zu erhöhten betriebswirtschaftlichen und strukturellen Bedürfnissen und damit zu neuen Kosten für die Vermögensverwalter geführt haben, profitiert auch diese Branche vom Digitalisierungsprozess, der unbestrittenermassen operativen Nutzen und damit grössere Chancen für eine bessere Ressourcenallokation mit sich bringt. Im Hintergrund wirken sich veränderte Sensibilitäten und Kundenbedürfnisse aus.

 

Jvan Zatta
Berater für die externen Vermögensverwalter, BancaStato    

 

Mit Blick auf die jüngste Vergangenheit hat das Inkrafttreten des Finanzinstitutsgesetzes die Vermögensverwalter dazu verpflichtet, sachlich besser organisierte, lineare Strukturen zu übernehmen, in vielerlei Hinsicht mit internen Funktionen und Zuständigkeiten, die bisher typisch für Banken waren. Die obligatorische Unterstellung unter die FINMA hat sie schliesslich zu einem teilweise tiefgreifenden Umdenken über ihre Organisation veranlasst. Es ist unbestreitbar, dass sich dies in gewisser Weise auf die Handelsspannen ausgewirkt hat, und bisweilen kam es auf dem Markt zu Synergien oder Kooperationen mit dem Ziel, organisatorische Skaleneffekte zu erzielen. Verständlicherweise betreffen solche Szenarien aber nur einen kleinen Prozentsatz der Vermögensverwalter. Wir können also sagen, dass der neue Rechtsrahmen der Branche zwar mehr Stabilität und Qualität der erbrachten Dienstleistungen bietet, dass dieser Mehrwert jedoch einen konkreten und spürbaren Preis hatte.

Aus unserer Sicht bietet der historische Moment, den wir gerade erleben, aber auch Chancen, die erwähnten neuen Kosten zu kompensieren, und wie es heute so oft der Fall ist, sind diese Chancen auf den Digitalisierungsprozess zurückzuführen; ich beziehe mich hier insbesondere auf die digitalen Tools und Dienstleistungen, welche die Bankinstitute den Vermögensverwaltern anbieten.

Aus offensichtlichen Gründen spreche ich hier nur für BancaStato und hoffe, dass meine Ausführungen auch allgemein Gültigkeit haben. Als Bankpartner haben wir uns in den letzten Jahren intensiv mit der Frage beschäftigt, wie das Tagesgeschäft der Vermögensverwalter effizienter gestaltet werden kann; andererseits war es ein wachsendes Bedürfnis, das wir im ständigen Dialog mit ihnen immer wieder verspürten, und das zeigt, wie sich die Branche entwickelt. Wir haben besonders darauf geachtet, ihnen digitale Programme und Tools zur Verfügung zu stellen, mit denen sie gewohnte und «mechanische» Aufgaben automatisieren und optimieren können. Vor diesem Hintergrund haben wir im Hinblick auf die Auftragserteilung Investitionen getätigt, und wir investieren weiterhin: Mit einem neuen Tool können Vermögensverwalter im direkten Dialog mit unseren Kernsystemen die Aufträge nun selbstständig erteilen und ausführen lassen. In der Praxis haben wir eine Reihe von mehrfach redundanten Zwischenschritten zwischen Vermögensverwalter und Bankberater gestrichen, was beiden mehr Zeit und Ressourcen verschafft, um sich auf andere Tätigkeiten mit höherer Wertschöpfung zu konzentrieren. Ohne die neuen Grenzen der Technologie wäre dies sicherlich nicht möglich gewesen.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie die Digitalisierung den Bedürfnissen der Vermögensverwalter entgegenkommt, ist die Geschwindigkeit, mit der Informationen zwischen ihnen und ihren Depotbanken ausgetauscht werden. Immer häufiger besteht die Notwendigkeit, die Informationen über die verwalteten Portfolios so rasch wie möglich auf den neuesten Stand zu bringen. Zumindest im Tessin ist dieses Bedürfnis besonders präsent, und auch hier hielten wir es für notwendig, angemessen zu reagieren, indem wir eine spezifische Plattform eingeführt haben, welche die Bearbeitungszeiten minimiert und eine manuelle Abstimmung der Informationen so weit wie möglich reduziert.

Interessant ist, dass die Forderung nach einem schnelleren Informationsaustausch zwar Effizienzgründen geschuldet ist, aber auch mit einer veränderten Sensibilität der Kundschaft zu tun hat: In den letzten 15 Jahren hat sich gezeigt, dass die Kunden stärker dazu neigen, spezifischere Informationen über ihre Anlagen erhalten zu wollen. Aber nicht nur: Die Kunden verfügen über immer profundere Finanzkenntnisse, was dazu führt, dass ihnen möglichst aktuelle und differenzierte Informationen zur Verfügung gestellt und präsentiert werden müssen.

Dabei spielt auch die künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle. Aus unserer Sicht können wir noch keine wirklichen und spürbaren Auswirkungen auf die Branche feststellen, aber konkrete Anwendungen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz werden mit Sicherheit in den nächsten Jahren entwickelt werden. Es wird eine erste Phase geben, in der einige Akteure Wettbewerbsvorteile haben werden, aber ich glaube, dass wir dann eine Beruhigung hinsichtlich der Nutzung künstlicher Intelligenz erleben werden und dass eine Standardisierung der Produkte und Dienstleistungen, die künstliche Intelligenz nutzen, einsetzen wird.

Was weiterhin den Unterschied ausmachen wird, wird immer und auf jeden Fall das sein, was nicht digitalisierbar ist: die Beziehung zwischen Personen, zwischen Kunde und Vermögensverwalter sowie zwischen Vermögensverwalter und seinem Bankberater.

 

 

Biografie

Jvan Zatta ist Co-Geschäftsführer und Berater für die externen Vermögensverwalter der BancaStato. Er blickt auf eine 30-jährige Bankkarriere bei wichtigen Schweizer Bankakteuren zurück. Seine Aufgaben mit wachsender Verantwortung in der Abteilung Märkte und in der Beratung von Vermögensverwaltern ermöglichten es ihm, die tiefgreifenden Veränderungen des Marktes, der Vorschriften und der Technologie in diesem Sektor persönlich mitzugestalten. Er ist seit 2014 bei BancaStato. Er hat einen Bachelor in Betriebswirtschaft und einen Master in Wirtschaftsrecht.