Die KI ist unter uns, wirklich?
5 konkrete Fortschritte für Vermögensverwalter

Wir stehen an der Schwelle zu einem großen technologischen Wandel. Künstliche Intelligenz (KI), Innovationen im Bereich der Cybersicherheit und Open Banking sind nicht mehr nur Buzz Words oder theoretische Konzepte, sondern konkrete Realitäten, die die Spielregeln neu definieren. Nvidia, ein Unternehmen, das als Schlüsselfigur für die weltweite Ausbreitung der KI gilt, wird wahrscheinlich genauso kritisiert wie verehrt. Die Tatsache, dass es vor einigen Wochen in die Liste der Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung aufgenommen wurde, ist jedoch ein starkes Signal für die Verankerung dieser Technologien in unseren Volkswirtschaften.

 

Laurent Pellet
Limited Partner & Global Head of EAM                                
Bank Lombard Odier & Co Ltd

 

Die Finanzinstitute müssen sich also an die neuen Technologien anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Cyberrisiken zu begegnen. Diese Technologien sind zwar ausgefeilt, aber auch für externe Vermögensverwalter (EAM) zugänglich und ermöglichen es selbst kleinsten Strukturen, von ihren Vorteilen zu profitieren.

Lassen Sie uns diese neuen Technologien entmystifizieren, um besser zu verstehen, wie sie verschiedene Aspekte unseres Berufs umgestalten.
 

1. Optimierung der Informationssuche

KI revolutioniert den Zugang zu und die Verarbeitung von Informationen. Mit Technologien zur Verarbeitung natürlicher Sprache können Daten in Intranets oder in großen Dokumenten schnell gesucht und analysiert werden. Beispielsweise kann ein EAM mithilfe eines intelligenten Chatbots sofort auf Transaktionsverläufe oder Anlagerichtlinien zugreifen und so die für Verwaltungsaufgaben aufgewendete Zeit reduzieren.
 

2. Erkennung und Verhinderung von Betrug

Betrug ist eine ständige Bedrohung im Finanzsektor. Die maschinellen Lernfähigkeiten (Machine Learning) der KI können Millionen von Transaktionen in Echtzeit analysieren, um verdächtige Muster zu erkennen. Ein konkretes Beispiel ist die Verwendung hochentwickelter Algorithmen zur Erkennung von Anomalien in Transaktionen, wodurch potenzielle Betrugsfälle verhindert werden können, bevor sie erheblichen Schaden anrichten.
 

3. Verbesserung der Cybersicherheit

Cyberangriffe werden immer raffinierter und erfordern ebenso fortschrittliche Abwehrmaßnahmen. KI-gestützte Systeme können Netzwerke kontinuierlich überwachen, anormales Verhalten erkennen und in Echtzeit reagieren, um Bedrohungen zu neutralisieren. Wir können KI-Lösungen beispielsweise einsetzen, um Hacking-Versuche in Echtzeit zu erkennen und zu blockieren und so die sensiblen Daten von Kunden zu schützen.
 

4. Ermöglichung von Open Banking

Open Banking ermöglicht es Kunden, ihre Finanzdaten über sichere APIs (Programmierschnittstellen) mit Dritten zu teilen. EAMs können so auf einen umfassenderen Überblick über die Vermögenswerte ihrer Kunden zugreifen und eine individuellere und präzisere Beratung bieten. Der Bundesrat hat kürzlich die Fortschritte der Akteure des offenen Finanzwesens in der Schweiz gewürdigt. Am 19. Juni 2024 informierte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) den Rat über bedeutende Entwicklungen, darunter die im Mai 2023 gestartete Multibanking-Initiative, bei der sich rund 40 Banken verpflichteten, einen integrierten Zugang zu den Daten von Privatkonten, Sparkonten und Girokonten zu bieten. Diese Initiative zeigt das Engagement des Schweizer Bankensektors für Open Finance, auch wenn weitere Anstrengungen erforderlich sind, um die vom Bundesrat gesetzten Ziele vollständig zu erreichen.
 

5. Datensicherheit und Rahmen für neue Technologien 

Bei der Nutzung von Open Banking muss der Datensicherheit besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Fortschrittliche kryptografische Technologien und robuste Sicherheitsprotokolle sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die geteilten Informationen vor unberechtigtem Zugriff geschützt bleiben. Darüber hinaus ist es entscheidend, den Einsatz neuer Technologien zu begleiten, um eine unkontrollierte Nutzung zu verhindern. Der externe Vermögensverwalter kann jeweils mittels einem einfachen Anwendungsfall beginnen, wie z. B. KI zur Übersetzung von Dokumenten oder zur Analyse großer Dokumente, und sich allmählich steigern, wobei der Schutz von Urheberrechten und geistigem Eigentum zu gewährleisten ist.
 

Neue Technologien, auch wenn sie zunächst einen Eindruck von Komplexität vermitteln können, sind zunehmend zugänglich, auch für externe Vermögensverwalter. Durch einen schrittweisen Ansatz und einen Rahmen für ihre Nutzung können sie Zeit freisetzen, um sich auf komplexe Themen mit hohem Mehrwert zu konzentrieren. Die Technologie ist hervorragend in der faktenbasierten Analyse, sodass sich die Berater auf die qualitativen Aspekte konzentrieren können, bei denen Fachwissen, Erfahrung und Emotionen unersetzlich sind.

Die harmonische Integration von Mensch und Technologie ist der Schlüssel zur Maximierung der Vorteile dieser digitalen Revolution. Dies ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern eine konkrete Realität, die die Branche bereits verändert.

 

Biografie

Laurent Pellet kam im Juni 2017 zu Lombard Odier. Im Jahr 2018 übernahm er die Verantwortung für die Abteilung externe Vermögensverwalter der Gruppe.

Seine berufliche Laufbahn begann bei Ferrier Lullin, wo er mehr als 15 Jahre lang verschiedene Positionen innehatte, unter anderem als Head of Credit and Risk und ab 1997 als Leiter der Abteilung für externe Vermögensverwalter. Im Jahr 2006 wechselte er zu Julius Bär, wo er das Geschäft mit externen Vermögensverwaltern in der französischsprachigen Schweiz und in Westeuropa leitete. Im Jahr 2012 wurde sein Verantwortungsbereich auf Monaco und den Nahen Osten ausgeweitet.

Laurent Pellet verfügt über ein eidgenössisches Diplom der Ecole Supérieure de Commerce de Genève. Er verfügt zudem über Abschlüsse in Kredit- und Risikomanagement der Universität Genf und in quantitativem Portfoliomanagement der HEC Genf. Darüber hinaus verfügt er über ein Diplom in digitalem Finanzrecht der juristischen Fakultät der Universität Genf und das "International Certificate of Private Banking and Wealth Management Retreat" des Swiss Finance Institute. Er ist zertifizierter Wealth Management Advisor (CWMA).