ESG-ETFs: Erklärung der unterschiedlichen Ansätze

Passive ESG-Investments sind gefragt. Im letzten Jahrzehnt wurden über 500 ESG-ETFs aufgelegt. Zurzeit sind über 310 Mrd. USD in ETFs angelegt, die von ihren Emittenten mit dem Prädikat „ESG“ versehen wurden[1]. Doch wie finden Anleger die passendsten Fonds? In Europa wird eine ganze Fülle angeboten. Hier untersuchen wir die vielfältigen ESG-Ansätze und versuchen, sie zu definieren. Wir zeigen auch auf, worauf sie abzielen ... und worauf nicht.

 

Sam Whitehead
EMEA ETF Head of ESG Produktmanagement, Invesco      

 

Entschlüsselung des Fachjargons

Der weit gefasste Begriff „ESG“ bezieht sich auf vielerlei Fonds, die bei der Wertpapierauswahl und Allokationsmethodik Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte berücksichtigen. Das Grundkonzept ist nicht neu. Einige aktive Fonds wählen und vermeiden bestimmte Aktien bereits seit über einem Jahrhundert auf der Basis ethischer Überlegungen. Zuletzt haben besonders passive ETFs zugenommen, die ESG-Indizes anhand bestimmter Regeln abbilden statt Entscheidungen von Einzelpersonen widerzuspiegeln.

Ein ESG-Index wird meist von einem standardmäßigen kapitalisierungsgewichteten Index (dem Mutterindex) abgeleitet. So sind etwa der MSCI USA ESG Universal Select Business Screens Index und der MSCI USA ESG Climate Paris Aligned Benchmark Select Index Ableitungen des Mutterindex MSCI USA Index. Beide ESG-Indizes bauen auf dem exakt gleichen Aktienuniversum auf. Aufgrund unterschiedlicher Ansätze sind sie jedoch sehr verschieden.

Indexanbieter wie MSCI und S&P nutzen im Allgemeinen ESG-Ratings (oder -Scores), um Wertpapiere auszuwählen und zu gewichten. Diese Ratings stammen entweder von spezialisierten externen Anbietern von ESG-Research und -Analysen oder werden intern erstellt, wenn der Indexanbieter über genug Ressourcen und Fachwissen verfügt.

 

ESG-Ansätze nach verwaltetem Vermögen

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Quellen: Invesco, Bloomberg. Stand: 30. September 2023.

Gemessen am investierten Vermögen entfällt der größte Anteil des Marktes für ESG-ETFs auf ETFs, die einen strengen „Best in Class“-Ansatz verfolgen. Die höchsten Vermögenszuflüsse verzeichneten 2022 und im Jahr 2023 jedoch Klima-ETFs.[2] Da die meisten ESG-ETFs passiv gemanagt werden, konzentrieren wir uns bei den unterschiedlichen Ansätzen auf die zugrunde liegenden Indizes.

 

Unterschiedliche Ansätze, unterschiedliche Ziele

Bei der Konstruktion von ESG-Indizes werden zunächst Wertpapiere von Unternehmen ausgeschlossen, die nach Definition des Indexanbieters in umstrittenen Aktivitäten oder Branchen tätig sind – üblicherweise Bereiche wie umstrittene Waffen, Kohle und Tabak. Bei einigen Indizes erfolgen mehr, bei anderen weniger Ausschlüsse. Deshalb sollten Anleger prüfen, welche Unternehmen bei diesem Schritt vom Index ausgeschlossen werden. Im Allgemeinen dürfte die Wertentwicklung des ESG-Index umso stärker vom Mutterindex abweichen, je mehr Titel ausgeschlossen werden.

Bei Indizes mit einem Ansatz auf der Basis von Ausschlüssen ist der Prozess meist zweistufig:

  1. Ausschluss aller Titel vom Mutterindex auf der Basis von Geschäftsaktivitäten,
  2. Neugewichtung der verbleibenden Wertpapiere (üblicherweise nach ihrer Marktkapitalisierung).

Ein ausschlussbasierter Ansatz zielt meist auf ein Indexprofil ab, das dem des Mutterindex ähnelt, jedoch ohne Wertpapiere, die als gänzlich unakzeptabel gelten (gemäß Definition des Indexanbieters in seiner Indexmethodik). Das führt fast zwangsläufig zu einem Index, der auch Unternehmen enthält, die niedrige ESG-Scores aufweisen oder Geschäftsaktivitäten nachgehen, die bei strengeren ESG-Ansätzen ausgeschlossen würden.

Zudem erfolgt bei einem solchen Ansatz auch keine „positive Vorauswahl“, wie etwa eine Höhergewichtung von Unternehmen mit einem höheren ESG-Score oder höheren Umsätzen aus umweltfreundlichen Aktivitäten. Deshalb wird ein ausschlussbasierter Ansatz bei ETFs manchmal auch als „ESG light“-Ansatz bezeichnet.  

Indizes mit einem Tilting-Ansatz[3] (Kippender Ansatz) priorisieren bestimmte Bereiche und streben ebenfalls nach ähnlichen Eigenschaften wie der Mutterindex. Durch ihre Methodik sollen jedoch der ESG-Gesamtscore oder andere relevante Kennzahlen ggü. dem Mutterindex verbessert werden. Solche Indizes wollen etwa für eine niedrigere CO2-Intensität oder höhere Umsätze aus umweltfreundlichen Aktivitäten sorgen. Der erste Schritt ist, wie erwähnt, derselbe wie bei einem ausschlussbasierten Ansatz:

  1. Ausschluss aller Titel vom Mutterindex auf der Basis von Geschäftsaktivitäten,
  2. Anwendung eines Tilting-Faktors auf die verbleibenden Titel anhand ihrer ESG-Scores (üblicherweise ggü. ihren Mitbewerbern),
    • Höhere Gewichtung von Titeln mit überdurchschnittlichen Scores
    • Niedrigere Gewichtung von Titeln mit unterdurchschnittlichen Scores

Bei dieser Indexmethodik werden Ziele und Umsetzung des Tilting festgelegt. Im Allgemeinen werden jedoch bestimmte Wertpapiere höher und andere niedriger gewichtet. Durch einen Tilting-Ansatz werden praktisch Unternehmen mit guten ESG-Ergebnissen belohnt und Nachzügler bestraft (sie sind zwar nach wie vor enthalten, aber niedriger gewichtet). 

Indizes auf Basis eines Best in Class-Ansatzes sind meist auf Unternehmen mit den besten ESG-Profilen in ihren jeweiligen Sektoren ausgerichtet. Zugleich werden Unternehmen mit den schlechtesten ESG-Profilen im Sektorvergleich komplett ausgeschlossen. Auch hier sind Ausschlüsse also der erste Schritt:

  1. Ausschluss aller Titel vom Mutterindex auf der Basis von Geschäftsaktivitäten,
  2. Ausschluss aller Titel mit einem ESG-Score unter einem vordefinierten Schwellenwert,
  3. Neugewichtung der verbleibenden Wertpapiere gemäß der Indexmethodik, etwa durch Optimierung oder andere Maßnahmen zur Verringerung des Tracking Error.

Je nachdem, wie viele Indexbestandteile ausgeschlossen werden, kann man davon ausgehen, dass die Wertentwicklung dieser Indizes üblicherweise mehr vom Mutterindex abweicht als bei anderen ESG-Ansätzen. Die „lockersten“ Best in Class-Ansätze zielen vielleicht darauf ab, etwa 75 % des Mutterindex auszuschließen, und die „strengsten“ Versionen enthalten vielleicht nur die besten 25 % der Marktgewichtung, ausgewählt nach ihren ESG-Scores. Je strenger die Auswahlkriterien, desto mehr dürfte die Wertentwicklung vom Mutterindex abweichen.

 ESG

Die Grafik bildet Indizes ab. Quellen: Invesco, Bloomberg. Stand: 31. Mai 2023; Nasdaq zum Zeitpunkt der letzten Neugewichtung am 20. März 2023; S&P DJI zum Zeitpunkt der letzten jährlichen Neuzusammensetzung am 28. April 2023; MSCI zum Zeitpunkt der letzten halbjährlichen Neuzusammensetzung am 1. Juni 2023. Standardindex ist der MSCI USA, außer für den S&P 500 ESG (S&P 500) und Nasdaq-100 ESG (Nasdaq-100). Berechnung des Tracking Error ab dem Beginndatum des gemeinsamen Index-Bezugszeitraums am 18. März 2016. Die Größe der Kreise entspricht der prozentualen Marktabdeckung gemessen an der Marktkapitalisierung.

Indizes, die auf Klimaziele ausgerichtet sind, entsprechen im Allgemeinen den EU-Vorschriften für Investmentfonds mit Klimabezug. Die meisten Indizes sind Paris-Aligned Benchmarks (PABs), und einige sind Climate-Transition Benchmarks (CTBs). Die Europäische Kommission hat diese Benchmarks festgelegt, um Anlegern transparenter zu zeigen, wie die Indizes ihre Ziele mit Bezug zu Treibhausgasemissionen und der Dekarbonisierung der Wirtschaft erreichen wollen.

PAB-Indizes sind auf die langfristigen Ziele des Pariser Klimaabkommens ausgerichtet. Ein PAB-Index muss ggü. seinem Mutterindex eine Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 50 % und um 7 % pro Jahr vorsehen.

CTB-Indizes gelten im Allgemeinen als weniger streng als PAB-Indizes. So gibt ein CTB-Index andere Schwellenwerte vor, etwa eine Senkung der Treibhausgasemissionen ggü. seinem Mutterindex um mindestens 30 % (weniger als das Minimum von 50 % bei PAB-Indizes).

Schließlich gibt es noch thematische Indizes. Diese Strategien unterscheiden sich von den bisher erwähnten, denn sie dürften eher ein kleines Marktsegment abbilden und kein breites Engagement ermöglichen. Beispiele sind Indizes für saubere Energien oder andere Indizes mit Umweltbezug. Ein thematischer Index zielt üblicherweise auf Unternehmen ab, die zu einem starken langfristigen Trend beitragen oder davon profitieren. Einige Indizes enthalten vielleicht nur wenige Titel, andere können stärker diversifiziert sein. Auch die Konstruktionsmethodik des Index kann relevant sein. Beispielsweise könnte ein Index seine Bestandteile nach Marktkapitalisierung, thematischer Relevanz oder zu gleichen Teilen gewichten (Gleichgewichtung).

 

Fazit

Wir hoffen, dass durch diesen Überblick die verschiedenen Ansätze der Indizes klarer geworden sind, die ein ESG-ETF abbilden kann. Kein Ansatz ist „besser“ oder „schlechter“, da jeder andere Ziele verfolgt. Anleger müssen beurteilen können, welcher Ansatz ihren Zielen entspricht – sowohl in Bezug auf ESG-Performance als auch die finanzielle Wertentwicklung. Der nächste Schritt besteht darin, einen ETF zu finden, der die Wertentwicklung dieses Index so kosteneffizient wie möglich abbildet.

 

Wesentliche Risiken

Der Wert von Anlagen und die Erträge hieraus unterliegen Schwankungen. Dies kann teilweise auf Wechselkursänderungen zurückzuführen sein. Es ist möglich, dass Anleger bei der Rückgabe ihrer Anteile nicht den vollen investierten Betrag zurückerhalten.

Das Fehlen gemeinsamer Standards kann zu unterschiedlichen Ansätzen bei der Festlegung und Erreichung von ESG-Zielen führen. Darüber hinaus kann die Umsetzung der ESG-Kriterien darin resultieren, dass Fonds auf bestimmte Anlagemöglichkeiten verzichten.

 

 

Biografie

Sam Whitehead beaufsichtigt die ESG-Kompetenzen des EMEA ETF-Produktmanagementteams bei Invesco. Er ist verantwortlich für die Bereitstellung von Analysen und Kommentaren zu ESG-fokussierten Fonds, für die Beratung zu ESG-Innovationen innerhalb der gesamten Palette und für die Unterstützung des Vertriebsteams bei der Kundenbetreuung. Sam ist seit sechs Jahren bei Invesco und hat einen BA-Abschluss in Mathematik vom Pembroke College in Oxford.

 

Wichtige Informationen

Diese Marketing-Anzeige ist ausschließlich für die Verwendung in der Schweiz. Anleger sollten die Verkaufsunterlagen lesen, bevor sie eine endgültige Anlageentscheidung treffen.

Stand der Daten: 30.11.2023 sofern nicht anders angegeben.

Dies ist Marketingmaterial und kein Anlagerat. Es ist nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Anlageklasse, eines Wertpapiers oder einer Strategie gedacht. Regulatorische Anforderungen, die die Unparteilichkeit von Anlage- oder Anlagestrategieempfehlungen verlangen, sind daher nicht anwendbar, ebenso wenig wie das Handelsverbot vor deren Veröffentlichung.

Die Ansichten und Meinungen beruhen auf den aktuellen Marktbedingungen und können sich jederzeit ändern.

Herausgeber in der Schweiz ist Invesco Asset Management (Schweiz) AG, Talacker 34, CH-8001 Zürich.

RO 3422585/2023

 

[1] Invesco, Stand: 30. September 2023

[2] Invesco, Bloomberg. Stand: 30. September 2023.

[3] Der Tilting-Ansatz bezieht sich auf die strategische Anpassung des Portfolios durch die Betonung bestimmter Faktoren oder Sektoren und die Untergewichtung anderer, mit dem Ziel, die Rendite zu steigern oder das Risiko zu steuern.