Lohnt sich die ESG-Integration für Anlegerinnen und Anleger?

Das Thema ESG rückt bei Privatkundinnen und Privatkunden immer mehr in den Vordergrund und nachhaltiges Investieren ist ein Muss, vor allem bei jüngeren Kundeninnen und Kunden. Spätestens ab dem 1. Januar 2024, wenn die verbindlichen Mindeststandards der Schweizerischen Bankiervereinigung für das Anlagegeschäft in Kraft treten, wird dieses Thema noch stärker in den Fokus rücken.

 

Von Luca Carrozzo 
Chief Investment Officer, Bank CIC                                                               

 

Mit der neuen Richtlinie der Bankiervereinigung schliesst die Schweiz eine wichtige Regulierungslücke im Vergleich zu den Richtlinien der Europäischen Union. Ein Blick auf die Richtlinie der Schweizerischen Bankiervereinigung zeigt, dass die Anforderungen in der Schweiz im Gegensatz zur EU-Regulierung MiFID II deutlich pragmatischer sind. Die Richtlinie knüpft an die Regelungen des Finanzdienstleistungsgesetzes FIDLEG an und erweitert diese in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte. Ab Anfang nächsten Jahres müssen die Kundinnen und Kunden über die ESG-Risiken der angebotenen Produkte informiert werden. Zudem müssen die ESG-Präferenzen der Kundinnen und Kunden im Rahmen der Angemessenheits- und Eignungsprüfung ermittelt und bei der Anlageberatung und Vermögensverwaltung berücksichtigt werden. Nicht zuletzt müssen die Kundenberaterinnen und Kundenberater im Bereich der ESG-Anlagelösungen geschult und weitergebildet werden.

 

In der Schweiz hat sich schon viel in diesem Bereich getan

So ist der Markt für nachhaltige Anlagen in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Eine Marktstudie von Swiss Sustainable Finance (SSF), die Daten zu Fonds und Mandaten von Banken und Vermögensverwaltern erhebt, zeigt, dass das Volumen nachhaltiger Anlagen um 30% auf CHF 1 982,7 Milliarden gestiegen ist.

Im Anlagebereich finden sich unter dem Sammelbegriff der nachhaltigen Geldanlagen viele unterschiedliche Investmentansätze. Eine Studie von Swiss Sustainable Finance zeigt, dass die Auswahl von Ausschlusskriterien bei den Vermögensverwaltern am beliebtesten ist. Beachtet ein Unternehmen oder ein Staat bestimmte Werte und Kriterien nicht, können sie aus dem Investmentportfolio ausgeschlossen werden. Dieser Prozess wird auch Negativ-Screening genannt. Zu solchen Negativkriterien gehört häufig die Herstellung von oder der Handel mit geächteten Waffen. Oft stehen auch Tabak, Pornografie, Alkohol, Glücksspiel sowie Menschenrechtsverletzungen auf der Negativliste. Dank diesen Ausschlusskriterien können Anlagerisiken potenziell reduziert werden.

Es gibt auch den Investmentansatz der ESG-Ratings, der am zweithäufigsten von Asset Managern verwendet wird. Dabei wird beurteilt, ob ein Unternehmen zu den nachhaltigsten Akteuren in seiner Branche gehört. Dafür wird untersucht, ob das Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung überdurchschnittlich gut abschneidet. Gehört ein Unternehmen zu den Besten seiner Branche, gilt es als positiv gescreent nach dem Best-in-Class Ansatz. Ein positives Screening hat eine Reihe von Vorteilen, kann aber auch zu einer reduzierten Auswahl an Anlagemöglichkeiten führen.

 

Überlegungen der Bank CIC (Schweiz) AG zum Thema Nachhaltigkeit

Als Tochter der Crédit Mutuel hat sich die Bank CIC (Schweiz) AG verpflichtet die Nachhaltigkeit als wichtiges Thema zu sehen. Die Bank CIC nutzt die Ausschlusskriterien und die ESG-Ratings schon seit einiger Zeit für die Verwaltung der hauseigenen Pensionskasse und ab Januar 2024 auch für die Kundenportfolios und Anlageempfehlungen. Als Vermögensverwalter ist es unsere Verantwortung, Portfolios anzubieten, die den Risiken und Chancen einer nachhaltigen Entwicklung Rechnung tragen und die Finanzierung der Aktivitäten von morgen fördern. Unser Ansatz zielt darauf ab, nachhaltige Risiken und Chancen innerhalb der Sektoren zu identifizieren und dort Unternehmen auszuwählen, die zum Klimawandel beitragen. Dabei unterscheiden wir zwischen Elementen, die das Unternehmen bereits berücksichtigt hat, und solchen, welche das Unternehmen in Zukunft berücksichtigen möchte. Somit verfolgen wir bei unseren Empfehlungen einen Best-in-Class Ansatz.

Darüber hinaus gibt es klar definierte No-Go's für unsere Portfolios. In unseren Portfolios werden Kundinnen und Kunden keine Unternehmen finden, die an der Herstellung von geächteten Waffen, der Vermarktung und Produktion von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), Kinderarbeit, Kohleabbau, Glücksspiel oder Pornografie beteiligt sind oder die generell gegen den UN Global Compact verstossen. Indem wir Kontroversen im Portfolio vermeiden, schützen wir die Kundenvermögen vor Investitionen, die ein Reputationsrisiko bergen und letztlich zu direkten oder indirekten finanziellen Kosten führen können.

 

Lohnt sich die ESG Integration für Anlegerinnen und Anleger?

Die Frage, ob sich nachhaltige Investments für Anlegerinnen und Anleger lohnen, lässt sich unserer Meinung nach eindeutig mit Ja beantworten. Auch wenn es stark vom gewählten Zeitraum abhängt, ob nachhaltige Unternehmen besser abschneiden als nicht-nachhaltige, lässt sich auf jeden Fall beobachten, dass Unternehmen mit einem hohen ESG-Rating eine geringere Volatilität aufweisen, was sich wiederum positiv auf die Volatilität des gesamten Portfolios auswirkt. Wir sind der Meinung, dass langfristig, unabhängig von Region und Sektor, Vorteile für nachhaltige Unternehmen entstehen und diese ein entsprechend besseres Risiko-Rendite-Profil aufweisen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich das Thema Nachhaltigkeit extrem schnell entwickelt und für Vermögensverwalter sowie Kundinnen und Kunden immer wichtiger wird. Banken müssen Nachhaltigkeit leben und ihre Prozesse weiter definieren und anpassen. Nicht zuletzt werden auch die Performances der Portfolios langfristig davon profitieren. Die angestossenen Entwicklungen sind zu begrüssen und gehen in die richtige Richtung, aber wir stehen erst am Anfang.

 

 

Biografie

Luca Carrozzo ist Chief Investment Officer der Bank CIC. Der Vermögensberater mit eidgenössischem Fachausweis und diplomierte ESG Analyst ist Portfoliomanager und auf den Bereich Advisory spezialisiert. Er ist stimmberechtigtes Mitglied des Anlagekomitees der Bank und der CIC Pensionskasse. Er ist seit 2009 bei der Bank CIC (Schweiz) tätig, wobei er zwischen 2019 und 2021 für die CIC London tätig war.