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Aufsichtsrechtliche Prüfung der Vermögensverwalter: Erste Erfahrungen

Die Prüfung von bewilligten Vermögensverwaltern nach Art. 17 FINIG folgt neuen Anforderungen. Sind die Vermögensverwalter der AOOS angeschlossen, erheben die Prüfer verschiedene Module der Aufsichtsprüfung. Erste praktische Erfahrungswerte machen deutlich: Es gilt verschiedene Knacknüsse zu beachten.

 

Von Philipp Mösch
Leitender Prüfer, Financial Services, BDO AG

 

Welches Ziel verfolgt die Prüfung?

Die Überwachung der bewilligten Vermögensverwalter im Rahmen der massgebenden Gesetze, der Verordnungen sowie des jeweiligen Anschlussvertrags obliegt der Aufsichtsorganisation. Die «Wegleitung zur Aufsichtsprüfung zu SRO-Prüfungen und AO-Prüfungen der AOOS» enthält die Rahmenbedingungen und dient sowohl den Vermögensverwaltern als auch den Prüfgesellschaften als Leitfaden für die Prüfung und Berichterstattung (AOOS 2021). Die Aufsicht setzt hierbei auf einen risikobasierten Ansatz und ist generell berechtigt, alle für die Überwachung notwendigen Auskünfte und Unterlagen einzuverlangen.

Die Berichterstattung der zugelassenen Prüfgesellschaften bzw. der leitenden Prüfer liefert ein verlässliches Bild dahingehend, ob neben anwendbaren Gesetzen und Reglementen auch der Anschlussvertrag sowie das Aufsichts- und Prüfkonzept immer eingehalten ist. Zudem zeigt der Bericht allfällige Risiken, Mängel, Beanstandungen und/oder Empfehlungen des geprüften Unternehmens auf (AOOS 2021). Die Klassifizierung der Beanstandungen bzw. Empfehlungen wurde nun präzisiert und teilt sich in «hoch», «mittel» sowie «tief» auf (AOOS 2021, S. 7ff.).

 

Prüfung von Vermögensverwaltern - erste Einblicke in die Praxis

Die Prüfung von Vermögensverwaltern nach dem neuen Aufsichtskonzept verschiebt den Fokus der Prüfgesellschaft. Wesentliche Diskussionsgebiete werden nachstehend situativ ausgeführt:

Corporate Governance

Die Unternehmensführung resp. die Organisation des Vermögensverwalters ist so auszugestalten, dass das Einhalten aller gesetzlichen Bestimmungen jederzeit erfüllt werden kann (Art. 9 Abs. 1 FINIG; Art. 23 FINIV). Nach Art. 26 Abs. 4 FINIV kann die FINMA bei komplexeren Vermögensverwaltern zudem verlangen, dass eine interne Revision zum Einsatz kommt, obwohl dies grundsätzlich nicht erforderlich ist.

Speziell hervorzuheben sind Wechsel in der Organisation, u.a. im Verwaltungsrat bzw. in der Geschäftsführung. So ist beispielsweise das Erfüllen der Qualifikationsanforderungen durch jedes Verwaltungsratsmitglied gemäss bisheriger FINMA-Praxis nicht verlangt, solange das Gremium als Ganzes ausreichend qualifiziert ist (Botschaft FIDLEG/FINIG, S. 9023). Die FINMA kann jedoch bestimmen, dass der Verwaltungsrat mehrheitlich von der Geschäftsleitung unabhängig ist (Art. 23 Abs. 3 FINIV).

Auslagerungen und Delegationen

Als Voraussetzung hält Art. 14 FINIG fest, dass Beauftragte über die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse, Erfahrungen und Bewilligungen verfügen. Der Vermögensverwalter steht in der Verantwortung der Überwachung bzw. Instruktion und trägt Konsequenzen allfälliger Verstösse des jeweilig Beauftragten. Die festgelegten Kontrollrechte sind entsprechend wahrzunehmen und die Rechenschaftspflichten des Beauftragten zu überwachen (Art. 17 Abs. 1 FINIV). Es gilt ferner zu beachten, dass das FINMA-Rundschreiben 2018/3 «Outsourcing» nicht direkt für Vermögensverwalter nach Art. 17 FINIG anwendbar ist.

Cross-Border-Geschäft

Die FINMA erwartet von bewilligten Vermögensverwaltern mit grenzüberschreitenden Geschäftsaktivitäten, dass angemessene organisatorische Massnahmen auch die Einhaltung des ausländischen Rechts sicherstellen. Die anzuwendenden Cross-Border-Weisungen resp. IKS-Regelungen dienen als Grundlage zur Beurteilung durch den Prüfer.

Stellvertretungen

Stellvertretungen werden aus Sicht der AO sowie der FINMA generell dahingehend beurteilt, dass Personen, die eine Stellvertretungsfunktion einnehmen, grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie die vertretene Person erfüllen müssen. Dies ist insbesondere bei Vertretung der oder des Verantwortlichen der qualifizierten Geschäftsführung bzw. Risikomanagement und Compliance sicherzustellen.

Aus- und Weiterbildung

Art. 12 Abs. 3 FINIV verlangt von Finanzinstituten im Allgemeinen, dass Mitarbeitende entsprechend ihrer Geschäftstätigkeit angemessen qualifiziert sind. Die Pflicht zur regelmässig dokumentierten Aus- bzw. Weiterbildung der Mitarbeitenden umfasst neben den Angestellten auch weitere Personen, die im Rahmen eines Personalverleihs tätig sind - beispielsweise Personen mit FIDLEG-/GwG-relevanten Funktionen (Botschaft FIDLEG/FINIG, S. 8966 und Art. 22 Abs. 1 FIDLEG i. V. m. Art. 23 Abs. 1 lit. b FIDLEV).

Stichprobenprüfungen

Bei der Prüfung anhand von Stichproben legt die Wegleitung zur Aufsichtsprüfung der AOOS fest, dass ein risikoorientierter Ansatz zur Anwendung kommt. Die Auswahl richtet sich nach dem Prüfungshinweis 70 (PH70) der EXPERTsuisse (AOOS 2021, S. 5).

Berichterstattung durch die Prüfgesellschaft

Im Rahmen der AO-Prüfungen findet die Berichterstattung grundsätzlich über das AOOS Portal statt. Zur Rechtsgültigkeit der übermittelten Daten ist ferner ein digital signiertes oder physisch unterzeichnetes Dokument der übermittelten Daten einzureichen. Während sich die digital signierte Version via Plattform übertragen lässt, ist der physische Ausdruck postalisch zu versenden (AOOS 2021, S. 6).

 

Schlussbemerkung

Die FINMA bekannte sich verschiedentlich öffentlich zu einem risikoorientierten Bewilligungsprozess, welcher den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen wolle. Alle bewilligten Tatsachen sowie die relevanten Rechtsgrundlagen sind hierbei dauernd einzuhalten. Es zeigt sich hierbei, dass die daraus abgeleiteten Prozesse sowie deren angemessene Umsetzung und Dokumentation nicht unterschätzt werden sollten - eine frühzeitige Planung mit der Prüfgesellschaft unterstützt eine effiziente Abwicklung.

 

 

Biografie

Philipp Mösch ist leitender Wirtschaftsprüfer bei BDO Financial Services in Zürich. Er ist ein von der FINMA zugelassener leitender Prüfer nach KAG. Zudem verfügt er über weitreichende Erfahrung in der internen und externen Revision von Banken und Wertpapierhäusern. Als Dozent unterrichtet er an der Hochschule Luzern zum Thema Bankenrechnungslegung. Seit dem Abschluss seines Studiums in Business and Economics an der Universität Basel (2012) und der Ausbildung zum diplomierten Wirtschaftsprüfer (2015) hat er seinen Expertenstatus in verschiedenen Positionen der Branche aufgebaut.

E-Mail: philipp.moesch@bdo.ch

 

Quellen

AOOS 2021: Wegleitung zur Aufsichtsprüfung zu SRO-Prüfungen und AO-Prüfungen der AOOS. Abgerufen am 22.07.2022. https://www.aoos.ch/_files/ugd/e43b16_1b7a8ae24db1445ba260b41ecb34891c.pdf

AOOS AO Reglement: Reglement der Aufsichtsorganisation nach Finanzinstituts- und Finanzmarktaufsichtsgesetz. Abgerufen am 29.07.2022. https://www.aoos.ch/_files/ugd/e43b16_bfbbf21cf84b4923bddebca0ca70cd27.pdf

Botschaft FIDLEG/FINIG: Botschaft des Bundesrats zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) vom 4. November 2015. Abgerufen am 22.07.2022. https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2015/2141/de