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Der grösste Finanzmarkt der Welt: Der Devisenmarkt

Am Umsatz gemessen, ist der Devisenmarkt der größte Finanzmarkt der Welt mit einem durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatz von rund 6,6 Billionen USD. Die Vontobel-Anlageexperten Nicolas Gertsch und Manuel Vetsch geben Ihnen in diesem Artikel einen Überblick über die Funktionsweise und die Entwicklung der internationalen Devisenmärkte.

 

Von Nicolas Gertsch und Manuel Vetsch
Senior FX Specialists, Vontobel

 

Devisenhandel gab es bereits im alten Griechenland

Als der Hellenismus seine Blütezeit erlebte, trafen sich in Griechenland Händler aus dem Nahen Osten und dem umliegenden Europa. Sogenannte «Geldwechsler» wechselten Münzen verschiedener Städte und Länder, in dem sie ihr Gold-Verhältnis und ihr Gewicht massen. Im 16. Jahrhundert hatte die mächtige florentinische Familie Medici ein Buch geführt, welches eine ausführliche Liste heimischer und ausländischer Währungen und ihrer jeweiligen Tauschwerte beinhaltete.

Der internationale Devisenhandel begann dann im Jahre 1880 mit der Möglichkeit, ausländische Zahlungen auf einem eigenen Bankkonto im Ausland gut schreiben zu lassen. Bis zum Ersten Weltkrieg war der internationale Devisenhandel weitgehend ein Handel mit Fremdwährungswechseln.

Mit Gründung des IWF und der Weltbank sowie durch das Bretton-Woods-Abkommen vom 22. Juli 1944 entstanden weltweit feste Wechselkurse, deren Schwankungsbreiten international festgelegt wurden. Zentralbanken wurden dadurch verpflichtet, bei Über- oder Unterschreitung der sogenannten Interventionspunkte in das Marktgeschehen einzugreifen. Diese festen Wechselkurse wurden erstmals am 30. September 1969 gelockert, am 19. März 1973 beginnt die EG mit dem gemeinsamen Block-Floating gegenüber dem US-Dollar, wodurch die bisher geltenden festen Wechselkurse zugunsten frei schwankender Wechselkurse abgelöst wurden.
 

Wesentliche Marktteilnehmer auf dem Devisenmarkt

Durch den Devisenmarkt wird der Tausch inländischen Geldes in ausländisches und umgekehrt ermöglicht und dadurch Kaufkraft von Inlandswährung in Auslandswährung umgewandelt. Die weltweiten Devisenmärkte werden insbesondere durch den Devisenhandel geprägt. Neben Banken sowie Kreditinstitute sind wesentliche Marktteilnehmer auch grössere Industrieunternehmen, private Devisenhändler, Devisenmakler, Handelshäuser aber auch Staaten. Eine wichtige Gruppe sind die Zentralbanken. Diese können durch Devisenmarktinterventionen aus wirtschaftspolitischen Gründen in den Markt eingreifen, um z. B. das Devisenmarktgleichgewicht wiederherzustellen. Der größte Teil des Devisenhandels vollzieht sich ausserbörslich im Interbankenhandel (OTC Market). Handelsobjekte am Devisenmarkt sind Devisen, also Buchgeld in Fremdwährung.
 

Devisenangebot, -nachfrage und Marktgleichgewicht

Das Devisenangebot rekrutiert sich volkswirtschaftlich aus Staaten mit Zahlungsbilanzüberschüssen, konkret mit einem Überschuss in der Devisenbilanz (Währungsreserven). Der Export von Gütern und Dienstleistungen bildet eine autonome Aktivposition in der Zahlungsbilanz, wodurch der Exporteur Devisen erwirbt, die als induzierte Passivposition der Zahlungsbilanz zu einem Devisenangebot führen. Betriebs-wirtschaftlich kommt das Devisenangebot durch einen Devisenverkauf zum Ausdruck, bei denen die Exporteure ihre Exporterlöse aus dem Export von Gütern und Dienstleistungen einsetzen. Auch Devisenmarktinterventionen der Zentralbanken können zum Devisenangebot gerechnet werden.

Devisennachfrage wird entsprechend generiert durch Zahlungsbilanzdefizite, konkret Defizite in der Devisenbilanz (etwa Staatsverschuldung in Fremdwährung). Betriebswirtschaftlich bilden alle Devisenkäufer die Devisennachfrage, insbesondere löst der Import von Gütern und Dienstleistungen durch Importeure Devisennachfrage aus. Auch Devisenmarktinterventionen der Zentralbanken gehören zur Devisennachfrage. Ausserhalb dieses güterwirtschaftlich entstandenen Devisenangebots und Devisennachfrage kann das Devisenangebot auch durch Einnahmen von Übertragungen aus dem Ausland (Übertragungsbilanz) und Kapitalimporten (Kapitalbilanz) entstehen.

Das Marktgleichgewicht auf dem Devisenmarkt hängt vor allem davon ab, ob ein Wechselkurssystem fester Wechselkurse vorhanden ist oder die Devisenkurse als flexible Wechselkurse frei schwanken dürfen. Bei festen Wechselkursen wird eine begrenzte Schwankungsmöglichkeit eines Devisenkurses zugelassen, innerhalb derer sich Devisenangebot und Devisennachfrage durch den Devisenkurs ausgleichen. Überschreitet ein Devisenkurs – bei Preisnotierung – diese Bandbreite, muss der Nachfrageüberhang (Zahlungsbilanzdefizit) durch Devisenmarktintervention der Zentralbank mittels Devisenverkauf ausgeglichen werden; unterschreitet er die Bandbreite, wird der Angebotsüberhang (Zahlungsbilanzüberschuss) durch Devisenkauf abgeschöpft.

Bei flexiblen Devisenkursen interveniert in der Regel die Zentralbank nicht. Der Preismechanismus auf dem Devisenmarkt kann sich frei entfalten. Entscheidend also für das Marktgleichgewicht auf dem Devisenmarkt, ist das Zusammenwirken von Devisenangebot und Devisennachfrage.

Nicolas Gertsch und Manuel Vetsch sind Investmentexperten bei Vontobel. Als international tätiges Schweizer Investmenthaus bietet Vontobel seinen institutionellen Kunden im In- und Ausland Devisenhandelsdienstleistungen über ein vollständig betreutes Handelssystem an. Aktives Liquiditätsmanagement, Execution Analytics und ein offener Dialog mit den Liquiditätsanbietern (LA) sorgen für Liquidität in aussergewöhnlicher Tiefe und Qualität. Das aktuelle LA-Universum der Bank besteht aus 14 Partnern, die zu den grössten Banken/Nichtbanken-Anbietern im Markt gehören, darunter 9 der 10 Top-Namen der Euromoney-Umfrage 2020.
 

Biografie

Manuel begann seine berufliche Laufbahn bei der Credit Suisse First Boston. Danach war er als FX Trader bei der Bank Leumi in Zürich und der Commerzbank Zürich tätig, wo er die Bereiche Proprietary Trading und FX Client Advisory leitete. Er kam 2010 zu Vontobel und ist für die Bereiche FX Trading und Advisory verantwortlich.

Nicolas startete seine berufliche Laufbahn bei der UBS Warburg Investment Bank, wo er als FX Option Specialist und FX Sales Trader tätig war. Nach 15 Jahren wechselte er zur EFG Bank International in Genf. Hier war er für die Bereiche FX Options und FX Structured Products Desk verantwortlich. Im Jahr 2007 nahm Nicolas eine neue Herausforderung bei der Bank Julius Bär in Zürich an und wurde mit der Leitung der Bereiche FX Direct Access Client und FX Private Banking Advisory betraut. Er kam 2021 zu Vontobel.

 

Quellen: UBS, SocGen, Nassim Taleb, BIS Basel