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Regulatorische Herausforderungen beim Einsatz von Actively Managed Certificates (AMC)

AMC erfreuen sich zunehmender Beliebtheit unter Vermögensverwaltern. So stellen AMC für viele Vermögensverwalter flexible und kosteneffiziente Anlageinstrumente dar, mit denen sich spezifische Strategien für eine Mehrzahl von Anlegern umsetzen lassen. Aus regulatorischer Optik kann der Einsatz von AMC jedoch zahlreiche Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere wenn ihnen ein komplexes Setup mit im Ausland domizilierten Emittenten und SPV zugrunde liegt. Was sind allfällige regulatorische Risiken bei der Verwaltung von AMC und welche möglichen Lösungsansätze gibt es daraus?

 

Dr. Fabian Schmid
Partner – Regulatory & Compliance Financial Services,       
Grant Thornton AG
Philippe Weyermann
Manager – Regulatory & Compliance Financial Services,     
Grant Thornton AG

 

Abgrenzung gegenüber kollektiven Kapitalanlagen

Wirtschaftlich betrachtet können sich AMC und Anlagefonds sehr ähnlich sein, in rechtlicher Hinsicht bestehen jedoch klare Unterschiede. Bei AMC handelt es sich definitionsgemäss um strukturierte Produkte, die über einen Basiswert verfügen, der während der Laufzeit anhand einer bestimmten Anlagestrategie diskretionär verwaltet wird. Die Anleger investieren beim AMC in Schuldverschreibungen. Es besteht kein besonders geschütztes Fondsvermögen als separates Haftungssubstrat. Daraus ergibt sich, dass für die Investoren ein Emittentenrisiko besteht.

In der Praxis ist jedoch die Frage, ob ein AMC oder eine kollektive Kapitalanlage vorliegt, nicht immer einfach zu beantworten, insbesondere bei komplexeren Sachverhalten mit ausländischen Emittenten und/oder Special Purpose Vehicles (SPV). Sollte ein AMC aber als kollektive Kapitalanlage qualifizieren, kämen zusätzliche produktespezifische Vorschriften des Kollektivanlagengesetzes (KAG) und des Finanzdienstleistungs- gesetzes (FIDLEG) zur Anwendung. Zudem würde für den zuständigen Schweizer Vermögensverwalter je nach Ausgestaltung des Produkts oder Höhe der verwalteten Vermögenswerte eine Pflicht zur Bewilligung als Verwalter von Kollektivvermögen resultieren (Art. 24 FINIG), was mit erhöhten regulatorischen Anforderungen verbunden wäre. Jeder Vermögensverwalter muss sich daher über die aufsichtsrechtliche Einordnung der von ihm verwalteten AMC im Klaren sein.

 

Special Purpose Vehicles als Emittenten

Neben Banken und Wertpapierhäusern werden AMC auch von Special Purpose Vehicles (SPV) emittiert. Diese werden in der Regel eigens für die Emission gegründet und haben ihren Sitz oftmals im Ausland. Als einzige Verbindlichkeiten des SPV sind die Schuldverschreibungen 1:1 durch die (vom Vermögensverwalter aktiv verwalteten) Vermögenswerte gedeckt, womit das eigentliche Emittentenrisiko beseitigt wird. Bisweilen kann sich ein SPV vollständig im Besitz eines Trusts befinden. Die (End-)Investoren des AMC sind in jenem Fall weder direkt am Kapital des SPV beteiligt, noch können sie anderweitig Kontrolle über das SPV ausüben. Sie sind zudem auch keine Begünstigte des allfälligen Trusts. Derartige Konstellationen führen beim Vermögensverwalter zu erhöhtem Abklärungsbedarf in geldwäschereirechtlicher Hinsicht.

 

Geldwäschereirechtliche Aspekte - Kenntnisse über Investoren?

Ein Vermögensverwalter, der ein AMC verwaltet, führt mit dem Emittenten eine GwG-relevante Geschäftsbeziehung. Wie seine klassischen Kunden gehören daher auch diese AMC-Geschäftsbeziehungen grundsätzlich auf die «Kundenliste» des Vermögensverwalters. Je nach aufsichtsrechtlicher Kategorie des Emittenten unterscheiden sich hier aber die geldwäschereirechtlichen Sorgfaltspflichten.

Wird das AMC von einer Bank oder einem Wertpapierhaus emittiert, kann der Vermögensverwalter häufig sogar auf die Identifizierung der Vertragspartei verzichten, wenn er im Dossier dokumentiert, dass es sich um eine allgemein bekannte juristische Person handelt. Handelt es sich beim Emittenten hingegen um ein SPV, muss der Vermögensverwalter dies anhand eines geeigneten Identifikationsdokuments identifizieren, die Bevollmächtigungsbestimmungen des SPV zur Kenntnis nehmen und die Identität der Eröffner überprüfen.

Auf die Feststellung der an den Vermögenswerten wirtschaftlich berechtigten Person(en) kann verzichtet werden, wenn der Emittent ein regulierter Finanzintermediär mit Sitz in der Schweiz oder im Ausland ist und solange die ausländische Aufsicht und Regelung als gleichwertig gilt. Die Frage der Gleichwertigkeit ist im Einzelfall mitunter schwierig zu beantworten. Treten hingegen ein nicht gleichwertig regulierter Finanzdienstleister oder ein SPV als Emittent auf, müssen grundsätzlich die an den Vermögenswerten wirtschaftlich berechtigten Person(en) festgestellt werden. Namentlich stellt sich die Frage, ob analog zur Regelung für kollektive Kapitalanlageformen (Art. 66 GwV-FINMA) bei weniger als 20 Investoren die wirtschaftlich berechtigten Personen festgestellt werden müssen. Je nach der konkreten Ausgestaltung und der Komplexität des Setups, kann die Umsetzung dieser Pflicht eine Herausforderung darstellen. Es ist hier von zentraler Bedeutung, dass der Vermögensverwalter und dessen Compliance-Verantwortliche das konkret vorliegende Setup genau verstehen, damit die geldwäschereirechtlichen Sorgfaltspflichten vollständig und korrekt wahrgenommen werden können.

Selbst wenn im konkreten Fall auf die formelle Identifikation und Feststellung der (End-)Investoren verzichtet werden könnte, sollte sich der Vermögensverwalter eines AMC stets im Klaren darüber sein, wer die wichtigsten Investoren des von ihm verwalteten AMC sind. Eine derartige Pflicht ergibt sich einerseits aus der Vorgabe, über ein angemessenes Kundenprofil/KYC zu verfügen. Andererseits verlangen auch die Anforderungen an ein wirksames Management der Rechts- und Reputationsrisiken eine grundsätzliche Kenntnis über die Investoren des AMC. Sollte der Vermögensverwalter beispielsweise erfahren, dass sich unter den Investoren eine sanktionierte Person befindet, kann er sich weiterführenden Pflichten kaum mit dem Hinweis entziehen, dass er diese Personen nicht kennen müsse.

 

AMC im Kontext von FIDLEG und FINIG

Auch im Kontext des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) und des Finanzinstitutsgesetzes (FINIG) können sich bei der Verwaltung von AMC besondere Abgrenzungsfragen stellen. Tritt ein regulierter Finanzintermediär als Emittent auf, kann das AMC in der Regel als institutioneller Kunde segmentiert werden, womit die weiteren Verhaltensregeln des FIDLEG keine Anwendung finden. Handelt es sich beim Emittenten hingegen um ein SPV, ist das AMC in der Regel nicht dem Segment der institutionellen Kunden zuzuordnen. Je nach den konkreten Eigenschaften des SPV und des Vorliegens von Opting-out-Erklärungen sind diesfalls die FIDLEG-Verhaltensregeln zumindest teilweise anwendbar. Beim Einsatz von AMC bestehen zudem hohe Erwartungen an die Kostentransparenz und es müssen geeignete organisatorische Vorkehrungen zur Vermeidung resp. zumindest Reduktion von Interessenkonflikten getroffen werden. Doppelte Gebührenbelastungen («Double Dips») müssen entweder ganz ausgeschlossen werden oder es ist eine umfassende Information des Kunden mit entsprechender Verzichtserklärung erforderlich.

Vor dem Hintergrund der organisatorischen Pflichten und der Gewährspflicht des FINIG erwarten die FINMA und die Aufsichtsorganisationen bei Vermögensverwaltern, die AMC einsetzen, spezifische Massnahmen im Bereich Riskmanagement und Compliance. Die oben beschriebenen regulatorischen Risiken müssen im Risikoinventar des Instituts bewertet werden und es müssen angemessene Kontrollen zur Mitigierung dieser Risiken im internen Kontrollsystem implementiert sein.

 

 

Biografien

Fabian Schmid leitet den Geschäftsbereich Regulatory & Compliance Financial Services. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Berufserfahrung im Finanzmarktrecht. Er unterstützt mit seinem Team das Audit in sämtlichen aufsichtsrechtlichen Themen und ist zugleich beratend als Experte im Bereich Regulatory & Compliance Financial Services tätig, insbesondere in den Themengebieten FINIG, FIDLEG, KAG, GwG und Corporate Governance. Einen besonderen Fokus bilden dabei Compliance-Dienstleistungen für kleinere und mittlere Banken sowie Vermögensverwalter. Neben dem Aufbau von dezidierten Outsourcing-Dienstleistungen in den Bereichen IKS, Compliance und Riskmanagement für Vermögensverwalter hat er in der Vergangenheit verschiedene FINMA-Untersuchungsmandate oder Spezialprüfungsmandate im Bankenbereich geleitet.

Philippe Weyermann ist Manager im Geschäftsbereich Regulatory & Compliance Financial Services bei Grant Thornton Schweiz/Liechtenstein in Zürich. Er verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung im schweizerischen Finanzmarktrecht. Vor seinem Wechsel zu Grant Thornton Schweiz/Liechtenstein arbeitete er als Rechtsberater bei einer Wirtschaftsprüfung- und Beratungsgesellschaft. Davor war er bei einer Schweizer Anwaltskanzlei sowie einer Schweizer Bank tätig. Zu seinen Aufgabengebieten gehören im Wesentlichen die Beratung von Finanzintermediären, v.a. in den Bereichen GwG, FINIG und FIDLEG, die Übernahme der Compliance-Funktion von Vermögensverwaltern und VKV, die Durchführung von aufsichtsrechtlichen Prüfungen bei verschiedenen Finanzintermediären, die Unterstützung bei der Durchführung interner Revisionen bei Banken, FINMA-Untersuchungs- und Prüfbeauftragtenmandate bei Banken sowie Bewilligungsprüfungen.