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Interview

Vor einem Jahr hat uns Ralph Frey seine ersten Erkenntnisse als Leiter der AOOS mitgeteilt.

Während sich der Bewilligungsprozess der FINMA höchstwahrscheinlich bis Ende 2024 hinziehen wird, beschäftigt die Aufsichtsorganisation AOOS bereits jetzt die aufsichtsrechtliche Prüfung.

 

Ralph Frey
Geschäftsführer, AOOS                                                    

 

Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, könnten Sie uns die neuesten Zahlen des FINMA-Bewilligungsprozesses sowie Ihre Anzahl Angeschlossenen nennen?

Die FINMA publiziert auf ihrer Homepage täglich eine Liste der von der FINMA bewilligten und von einer Aufsichtsorganisation überwachten Vermögensverwalter und Trustees. Per 15. November 2023 sind 1027 Institute bewilligt, wovon 450 Institute durch die AOOS überwacht werden. Rund 200 von der AOOS vorgeprüfte Gesuche sind bei der FINMA noch ausstehend.

 

Wie sehen Sie die derzeitige Priorisierung der FINMA bei der Bearbeitung der Bewilligungsdossiers? Es scheint in der Tat, dass es sich bei einer Mehrheit der bewilligten Gesellschaften um relativ kleine Strukturen handelt.

Das Prinzip First-come-first-serve hat die FINMA in ihrer letzten Aufsichtsmitteilung 03/2023 bestätigt, wenn auch risikobasiert entschieden wurde, Gesuche mit Überschuldung, Gesuche mit vielen Kunden oder hohem verwalteten Vermögen sowie neue Gesuche vorgängig zu behandeln. Die Mehrheit der Vermögensverwalter und Trustees sind Klein- und Kleinstunternehmen, insofern überraschen uns die bisher von der FINMA publizierten Zahlen nicht.

 

Wie sieht die Aufsicht durch die AOOS gemäss FINIG, FIDLEG und GwG konkret aus? Welches sind die Schlüsselaspekte? In welchen Fällen könnte die Weiterleitung eines Falls an die FINMA beschlossen werden?

Ab Erhalt der FINMA Bewilligung beginnt die laufende prudenzielle Aufsicht durch die Aufsichtsorganisation (AO). Die AOOS arbeitet wie bisher grundsätzlich mit externen Prüfgesellschaften und leitenden Prüfern zusammen, welche durch die AOOS vorgängig zugelassen werden. Die durch den Vermögensverwalter oder Trustee gewählte Prüfgesellschaft wird in den ersten beiden Jahren eine jährliche Prüfung in den Bereichen FINIG, FIDLEG und GwG sowie allfälligen Nebentätigkeiten vornehmen und der Aufsichtsorganisation Bericht erstatten müssen. Die Aufsichtsorganisation prüft dies und kann dabei, sofern nötig, jederzeit weitere Aufsichtsinstrumente wie zum Beispiel eine Zusatzprüfung oder ein Aufsichtsgespräch einsetzen.

Die AOOS überprüft zudem laufend, ob die Vermögensverwalter und Trustees die für sie massgeblichen Finanzmarktgesetze einhalten. Stellen wir Verletzungen aufsichtsrechtlicher Bestimmungen oder sonstige Missstände fest, setzen wir i.d.R. dem geprüften Beaufsichtigten eine angemessene Frist zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustands. Wird diese Frist nicht eingehalten, informieren wir die FINMA. Darüber hinaus werden der FINMA schwere Verletzungen von Aufsichtsrecht oder Missstände gemeldet, bei denen die Ansetzung einer Nachbesserungsfrist nicht zielführend erscheint.

 

Wie koordinieren sich die AOs bei der Harmonisierung ihrer Aufsichtspraktiken? Was sind die zentralen Aspekte dieser Koordination und welche Rolle spielt die FINMA?

Es kann durchaus vorkommen, dass sich die fünf von der FINMA bewilligten Aufsichtsorganisationen untereinander zu spezifischen Themen wie bspw. der Kostenexplosion bei der FINMA Aufsichtsabgabe austauschen. Die Vorgaben im Bereich der Aufsicht werden jedoch von der FINMA gemacht, insofern hat sie für eine einheitliche Bewilligungs- und Aufsichtspraxis zu sorgen.

 

In den ersten beiden Jahren ist eine jährliche Überprüfung der Einhaltung des FINIG, des FIDLEG und des GwG vorgesehen. Welche Kriterien sind danach ausschlaggebend für die Festlegung der Periodizität des Prüfzyklus?

Die AOOS erstellt von jedem Vermögensverwalter und Trustee ein Risikorating als zentrales Element der prudenziellen Aufsicht, welches ihm allenfalls erlauben wird, einen mehrjährigen Prüfzyklus zu erlangen und in den prüfungsfreien Jahren lediglich eine Selbstdeklaration an die Aufsichtsorganisation liefern zu müssen. Den Aufsichtsorganisationen ist es weiterhin nicht erlaubt, die einzelnen Kriterien oder die genaue Berechnung des Risikoratings zu erläutern.

 

Welche ersten Erkenntnisse ziehen Sie aus den Audits, die sich auf das Geschäftsjahr 2022 beziehen? Sind Ihnen neue Trends aufgefallen?

Wir sind mit der Arbeit der Prüfgesellschaften und leitenden Prüfern mehrheitlich zufrieden. Wo Anpassungs- und/oder weiterer Klärungsbedarf besteht, führen wir einen konstruktiven Austausch. Die neue prudenzielle Aufsicht über die Vermögensverwalter und Trustees befindet sich am Anfang und wird sich weiterentwickeln, unter den Vorgaben der FINMA und der Aufsichtsorganisationen.

Auf Seiten der geprüften Finanzinstitute ist es noch etwas zu früh, um bereits klare Aussagen treffen zu können. Dafür ist die Anzahl der ausgewerteten Prüfungen noch zu klein.

 

Hat die Zahl der bei den Audits festgestellten Versäumnisse oder Unregelmässigkeiten seit der Einführung der prudenziellen Aufsicht im Vergleich zur bisherigen SRO Aufsicht zugenommen?

Wenn ja, Versäumnisse oder Unregelmässigkeiten welcher Art und Ihrer Meinung nach aus welchen Gründen?

Da bisher im Bereich der SRO insbesondere das GwG im Vordergrund stand, sind mit der prudenziellen Aufsicht in der AO weitere Finanzmarktgesetze dazugekommen. Dass dabei potenziell mehr Versäumnisse oder Unregelmässigkeiten entstehen können, ist einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung.

So haben beispielsweise einige Finanzinstitute die eigentliche Umsetzung von FIDLEG per 1. Januar 2022 zu spät an die Hand genommen oder weisen noch Verbesserungspotential auf, andere haben im FINIG dem Aspekt der dauernden Einhaltung des Mindestkapitals und der erforderlichen Eigenmittel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

 

Und schliesslich: Wie wirken sich die Audits nach den «neuen Gesetzen» Ihrer Meinung nach auf die Vermögensverwalter aus?

Die Vermögensverwalter und Trustees werden damit gut umgehen können. Wichtig ist es, die internen Prozesse und das IKS (Internes Kontrollsystem) im täglichen Geschäft anzuwenden und sich nicht kurz vor dem Audittermin auf diesen vorbereiten zu wollen. In finanzieller Hinsicht werden den Finanzinstituten sicherlich Mehrkosten entstehen, nicht zuletzt wegen den aktuellen FINMA Vorgaben zu den Stichprobenprüfungen, welche insbesondere für Finanzinstitute mit einem kleinen Gesamtkundenbestand doch sehr hoch angesetzt sind.