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Private Markets in einem schwierigen Umfeld

 

Die richtige Managerauswahl und eine gezielte Diversifikation bleiben bei Privatmärkten der Schlüssel zum Erfolg.

Viele Investorinnen und Investoren mag es letztes Jahr überrascht haben, dass sich die Bewertungen von Privatmarktanlagen ziemlich unabhängig von den traditionellen Aktien- und Anleihemärkten entwickelten. In einem Umfeld steigender Zinsen und fallender Aktienkurse blieben die Bewertungen vieler Privatmarktanlagen resistent oder sind sogar gestiegen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie gegen die Entwicklungen an den öffentlichen Märkten immun sind. Vielmehr folgt ihre Bewertung diesen Märkten mit einer gewissen Zeitverzögerung. Das heisst, dass wir in den kommenden Quartalen mit Bewertungsabschlägen rechnen müssen. Die Frage lautet, wie stark die wichtigsten Segmente betroffen sein werden.

 

Von Oyvin Furustol
Team Head Portfolio Advisory Asset Class Specialists,
LGT Bank (Schweiz) AG

 

Unterschiedliche Auswirkungen auf die Bewertungen

Die verschiedenen Private-Equity-Segmente beziehen sich auf Investitionen in unterschiedlichen Lebenszyklen von Unternehmen. Der kurzfristige Bewertungsabschlag dürfte grösser ausfallen bei Investitionen in Unternehmen, die sich in einem frühen Stadium ihres Lebenszyklus befinden, also in den Segmenten Seed-Venture und -Growth. Der Grund dafür ist erstens, dass diese Segmente stärker von Anschlussfinanzierungen abhängig sind. Derzeit ist die Unsicherheit am Finanzmarkt hoch, was sich negativ auf die Bereitschaft der Investoren auswirken könnte, weiteres Geld bereitzustellen. Zweitens reagieren die Bewertungen von Investitionen in jüngeren Unternehmen empfindlicher auf höhere Zinssätze, da sich die höhere Abdiskontierung der zukünftigen Gewinne über einen längeren Zeitraum auswirkt. Und drittens sind die Bewertungen nicht ganz unabhängig von der Entwicklung vergleichbarer börsenkotierter Unternehmen, welche bereits stärker gelitten haben. Wir rechnen damit, dass wir in diesem Segment im Durchschnitt Rückschläge zwischen 10 und 20 Prozent sehen werden können.

Das Buyout-Segment wird wahrscheinlich weniger leiden, da hier die Bewertungen stärker von der operativen Rentabilität der einzelnen Unternehmen abhängen. Ausserdem liegt der Schwerpunkt dieses Segments auf Sektoren, die in der Regel weniger makroabhängig sind, wie Finanzdienstleister, Gesundheitswesen und IT. Im Buyout-Bereich könnte kurzfristig eine Korrektur von bis zu 10 Prozent erfolgen.

Im Bereich Private Debt ist die Situation anders. Solange die Unternehmen zahlungsfähig bleiben, sind steigende Zinsen vorteilhaft für den Investor, weil es sich in der Regel um Fremdkapitalfinanzierungen mit variablen Zinssätzen handelt. Steigende Zinsen führen somit zu höheren Kupon-Zahlungen an die Investorinnen und Investoren.

 

Vorteile für Private-Equity-Fonds

Niedrigere Bewertungen bedeuten aber auch Chancen für diejenigen Private-Equity-Fonds, die über Kapital zum Investieren verfügen. Wir glauben, dass diese in allen Private-Equity-Segmenten kurzfristig von den niedrigeren Bewertungen und der geringeren Risikobereitschaft profitieren können. Insbesondere Sekundärmarkttransaktionen sind eine ideale Strategie, um in einem Käufermarkt qualitativ hochwertige Vermögenswerte mit einem Abschlag zu erwerben. Zusätzlich haben Fonds, die sich im Sekundärmarkt bewegen, einen schnelleren Zugang zu qualitativ hochwertigen Private-Equity-Anlagen als Primärfonds.

Gibt es denn überhaupt Performance-Unterschiede zwischen Fonds, die ihre Investitionstätigkeit zu unterschiedlichen Zeiten begonnen haben? Ja – gemäss Daten von Preqin gab es vor allem bei den Venture-Capital-Fonds grosse Schwankungen. Die Jahrgänge vom Beginn der 2000er Jahre erzielten vergleichsweise schlechtere Ergebnisse, während dieses Segment in letzter Zeit sehr gute Ergebnisse erzielt hat. Das Buyout-Segment hat über diesen Zeitraum stabilere Ergebnisse erzielt.

 

Manager-Auswahl ist erfolgsentscheidend

Interessanterweise weisen alle Private-Equity-Segmente seit der grossen Finanzkrise in 2008 eine durchschnittliche Jahrgangs-Rendite von rund 20 Prozent auf. Private Debt erzielte in diesem Zeitraum knapp über zehn Prozent Rendite. Dies sind aber nur die durchschnittlichen Ergebnisse. Anlegerinnen und Anleger sollten sich bewusst sein, dass es grosse Diskrepanzen zwischen den einzelnen Fonds-Managern gibt. Beispielsweise weisen Buyout-Fonds einen signifikanten Unterschied zwischen den Ergebnissen von guten und schlechten Managern auf. Über alle Jahrgänge seit 1995 hinweg beträgt der Unterschied zwischen dem obersten und dem untersten Quartil (also die besten 25 und die schlechtesten 25 Prozent der Fonds) im Durchschnitt über 15 Prozentpunkte. Für den Investor bedeutet dies, dass es bei Private Equity wichtiger ist, den richtigen Manager zu finden, als die richtige Strategie.

Sollten Investorinnen und Investoren, die sich Sorgen um die nächsten zwei bis drei Quartale machen, mit der Zeichnung von Private Equity warten, bis sich der Staub gelegt hat? Eine sichere Aussage lässt sich hierzu nicht machen. Es gilt aber zu bedenken, dass gute Private-Equity-Jahrgänge typischerweise in Jahren mit schwierigen öffentlichen Märkten entstanden sind. Die Jahrgänge, in denen der MSCI-Welt-Index um mehr als fünf Prozent zurückging, waren im Durchschnitt diejenigen mit den besten Ergebnissen.

 

Fazit

Für Privatanlegerinnen und -anleger ist es wichtig, selektiv vorzugehen, einen langfristigen Ansatz zu verfolgen und das Engagement auf verschiedene Jahrgänge, Strategien, Stile und Regionen zu verteilen. Der Schlüssel zum langfristigen Erfolg in dieser risikoreichen Anlageklasse liegt im Aufbau eines widerstandfähigen Portfolios.

 

 

Biografie

Oyvin Furustol ist seit 2015 für die LGT tätig und für den Vertrieb von Privatmarktanlagen zuständig. Nach seinem Studium an der Universität Fribourg arbeitete er als Ökonom für die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich und anschliessend für eine Schweizer Grossbank in verschiedenen Positionen im Anlagebereich. In dieser Zeit absolvierte er auch die Ausbildung zum Chartered Financial Analyst (CFA).